Daten – Dichten – Deuten. Ambiguitätstoleranz in Interpretationskulturen um 1800 und um 2000
LMUexcellent-Projekt (gefördert durch den Nachwuchsförderfonds der LMU).
Spätestens seit der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten ist der Begriff fake news in aller Munde und die Welt – angeblich oder tatsächlich – im ‚postfaktischen‘ Zeitalter angekommen. Von Interpretation unabhängige Fakten würden – so oft die These – nicht mehr adäquat berücksichtigt, stattdessen sei eine beliebige Deutung etwa politischer, juristischer oder wissenschaftlicher Sachverhalte zu konstatieren. Symptomatische Reaktionen sind der ‚Faktenfinder‘, den die Tagesschau seit einigen Monaten betreibt, oder der ‚March for Science‘, der im April 2017 in über 600 Städten u.a. unter dem Motto „Zu Fakten gibt es keine Alternative“ durchgeführt wurde.
Mein Projekt zur "Ambiguitätstoleranz in Interpretationskulturen um 1800 und um 2000" soll von diesem Streit um Daten und Deutung ausgehen. Systematisch wird es untersuchen, welche Interpretationstheorien in welchen Disziplinen diskutiert und angewandt werden. Von Interesse ist insbesondere, inwieweit (literarische) Texte und ihre Interpretationen Eindeutigkeit zu erzeugen oder zu vermeiden versuchen. Da die Literaturwissenschaft ein ausdifferenziertes Instrumentarium zur Beschreibung von Interpretationen entwickelt hat, ist sie zur interdisziplinären Analyse dieser Vorgänge besonders geeignet.